Faszination Eisvogel
von Ralph Sturm
Gibt es den wirklich bei uns in der Natur? Der ist doch irgendwo ausgekommen!
Mit solchen und ähnlichen Fragen und Aussagen sieht man sich konfrontiert, wenn man über unseren buntesten und erstaunlichsten Vogel erzählt – den Eisvogel. Obwohl er sich in prächtigsten Farben, mit langem Schnabel und auffälligem Flug entlang der Gewässer zeigt, zeigen sich Beobachter immer erstaunt und überrascht, sobald sie ihn sehen. Und genau das passiert nicht allzu oft.
Meister der Tarnung
Der bunte Eisvogel versteht es sich zu verstecken und zu verbergen. Im Mischlicht der Ufervegetation sitzt er regungslos und vertraut dabei auf die Tarnung seiner orangen Brust gegen das Laub und Geäst im Hintergrund und auch auf die Tarnung seiner hellblau glitzernden Rückseite gegen das glitzern des fließenden Wassers. Auffällig unauffällig, der einstige Tropenvogel, der sich bei uns als einzige Art innerhalb der Familie der Eisvögel wohlfühlt. Sei es im Sommer, sei es im Winter – er weiß sich zu verstecken, fortzupflanzen und zu jagen.
Ja, er ist ein Jäger!
So klein er auch ist, so wendig und flink versteht er es kleine Fische unter Wasser zu fangen. Seine kleinen, roten Stummelfüßchen sind keinesfalls dazu geeignet die Beute zu packen. Er nutzt seinen kräftigen, langen Schnabel und zwickt die Fischchen damit ein, um sie an Land zu bringen. Frischer Fisch ist für ihn überlebensnotwendig und er setzt sich bei jeder Tauchjagd vielen Gefahren aus. Allerdings erntet er auch Bewunderung, wenn man ihn dabei beobachten kann.
Sturzflug ins Wasser
Ich erinnere mich an zwei Spaziergänger, die entlang eines Baches vor mir Händchenhaltend entlangschlenderten. Am gegenüberliegenden Bachufer hatte ich den Eisvogel in einem Strauch sitzend längst entdeckt, während er dem Pärchen vor mir nicht aufgefallen ist. Urplötzlich stieß sich der Vogel aus dem Strauch heraus ins fließende Wasser nur ein paar Meter neben den Spaziergängern. Die Frau erschrak durch das unvermittelte Platschen dermaßen, dass sie einen kleinen Sprung zur Seite machte und ihrem Partner erschrocken mitteilte: „Hast du das gesehen? Da ist gerade ein Vogel vom Baum ins Wasser gefallen!“ Nun war es an mir dem Pärchen dieses Erlebnis mit erklärenden Schilderungen des Jagdverhaltens, des Aussehens und der Lebensweise des Eisvogels richtig zu stellen. Natürlich musste ich unbedingt erwähnen, dass sich der bunte Fischer bei seinem Tauchgang keinesfalls verletzt hat. Nur kurze Zeit später flog er uns wieder gesund und munter knapp über der Wasseroberfläche entgegen.
Solche fragenden, aber teils auch bewundernden Begegnungen sind kein Einzelfall:
- Haben Sie diesen Vogel gesehen?
- Was war das?
- So einen Vogel habe ich noch nie gesehen! Gibt es den echt bei uns?
- Sind Sie auch wegen dem Eisvogel hier?
- Den gibt es nämlich an diesem Bach!
- Stellen Sie sich vor, ich habe vor kurzem meinen ersten Eisvogel gesehen!
(c) Ralph Sturm
Es herrscht im ersten Moment Erstaunen, im Weiteren kommt Bewunderung hinzu und letztlich, wenn man Gelegenheit hat aus dem Leben des Eisvogels zu plaudern, wandelt er sich von einem fischenden Vogel zu einem Prachtstück unserer einheimischen Welt, den man nur allzu gerne helfen und unterstützen möchte. Die wohl größte Hilfe kann dadurch stattfinden, dass man seine nassen Lebensräume ungestört lässt. Eisvögel habe es nicht immer leicht in einer sich schnell ändernden Umwelt.
Ein Artikel von BLV-Autor Ralph Sturm. Hier finden Sie seinen neusten Titel Eisvogel ganz nah.
Titelbild: (c) Ralph Sturm